„Wir schaffen gerade neue Wege” – Interview mit Dr. Szilárd Rendeki Direktor des Gesundheitlichen Simulationszentrums

11 Mai 2020

Obwohl die Pandemie von COVID-19 die praktische Ärzteausbildung lahmgelegt hat, spielt das Gesundheitliche Simulationszentrum, das die Entwicklung und das Üben der handwerklichen Fähigkeiten ermöglicht, in der Ausbildung weiterhin eine erhebliche Rolle. Die von den Mitarbeitern des MediSkills Lab angefertigte audiovisuelle Lehrmaterialien haben die erfolgreiche Umstellung auf den digitalen Unterricht um ein Beträchtliches erleichtert. Das Zentrum spielt auch beim Unterrichten und Einüben der Verfahren, die bei der sicheren Behandlung der Corona-Patienten erforderlich sind, eine schwerwiegende Rolle. Wir haben die Rolle des MediSkills Lab in dieser außergewöhnlichen Situation mit dem Direktor des Zentrums, Dr. Szilárd Rendeki erfasst.

 

Das Gesundheitliche Simulationszentrum der Fakultät blickt schon auf eine längere Zeit zurück und nach meinem Wissen sind die hier angewendeten Instrumente und Methoden auch im internationalen Vergleich richtig modern. Stellen Sie uns bitte das MediSkills Lab kurz vor!

Die Umsetzung des Gesundheitlichen Simulationszentrums startete 2012, mit der Unterstützung der Fakultätsleitung und der Studierenden. Durch die Kooperation der drei ländlichen medizinischen Fakultäten (Debrecen, Pécs und Szeged) und durch die effektive Verwertung der Bewerbungsquellen haben wir eine mit wirklich modernen Instrumenten ausgestattete Anlage zustande bringen können. Das MediSkills Lab ist in einer speziellen Situation, da wir nicht als Vertreter einer selbständigen Disziplin unterrichten, sondern wir gewährleisten die modernsten Instrumente und den Hintergrund für das Aneignen der handwerklichen Fähigkeiten für verschiedenen klinischen Fachgebieten, die auch im internationalen Vergleich der Ansprüche des Simulationsunterrichts erfüllen. Die Lehrkräfte delegieren die Mutterinstitute, die Thematik des Lehrstoffes folgt dem Lehrplan des jeweiligen Institutes.

Mitte März musste sich die ganze Fakultät auf Anhieb auf den digitalen Unterricht umstellen. An der Fakultät erfolgt schon seit mehreren Jahren eine großangelegte Entwicklung der digitalen Lehrmaterialien, die durch die Pandemie praktisch beschleunigt wurde. Was ist die eigentliche Rolle des MediSkills Labs in dieser Situation – das sich auf die praktische Ausbildung basiert und diese noch effizienter gestaltet?

Diese Umstände haben besondere Verhältnisse geschafft, da gerade diese Bereiche der Medizin online nur ganz schwierig unterrichtet werden können. Vormals haben wir schon großes Wert auf das Anfertigen von Demonstrationsmaterialien gelegt, wir verfügten über eine große Anzahl an Video- und Fotodokumentation. Diese erwiesen sich besonders hilfreich bei der Erstellung der digitalen Unterrichtsmaterialien. Wir mussten unsere online Videolehrmaterialien nur ein kleines bisschen an die in Präsentation in der gesundheitlichen Notlage wichtigen handwerklichen Eingriffe anpassen. Wir haben diese Videos gleich in die wegen der Pandemie nötigen verkürzten Weiterbildungen einsetzen können. Dadurch haben wir in dieser Situation die Vorbereitung unserer Kollegen, die teilgenommen haben, erheblich unterstützen können. Das Zentrum stand mit den nötigen Bild- und Videomaterialien der Einführung der neuen Unterrichtsordnung gegenüber tagfertig. Wir setzen die Entwicklung und Aktualisierung unserer online Unterrichtsmaterialien fort, und mit der Inanspruchnahme unserer vorhandenen Instrumente bereiten wir die Demomaterialien von komplexen multidisziplinären Versorgungsprotokolle vor.

Wie kann in dieser Situation das Simulationszentrum reibungslos arbeiten?

Der Unterricht setzt sich auch in dieser Notlage fort. Dies breitet sich primär auf die Postgraduellen Ausbildungen aus, die teilweise die pensumorientierte Ausbildung der jungen Kollegen bedeutet, die in der akuten Versorgung tätig sind. Gemäß den epidemiologischen Vorschriften und den ländlichen gesundheitlichen und berufspolitischen Protokollen präsentieren wir die Befreiung der Atemwege, und die grundlegende intensivtherapische Eingriffe in der vorgeschriebenen Schutzausrüstung, sowie die invasiven Eingriffe unter erschwerten Bedingungen bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit der Patienten und der gesundheitlichen Arbeitskräfte. Dazu sind eine Menge Protokolls erforderlich und in den letzten Monaten sind auf diesem Gebiet zahlreiche internationale Erfahrungen gesammelt worden. Bei uns ist das Einüben der Arbeitstätigkeit in verschiedenen Schutzausrüstungen möglich, die nicht selten auch für erfahrene Arbeitskräfte nicht leichtfällt.

Wegen der Notsituation stieg abrupt der Bedarf an bestimmten Fachärzte, wie an Fachärzte für Anästhesiologie und für Intensivtherapie. Die Ausbildung der Fachärzte umfasst natürlich eine viel längere Zeit. Wir im MediSkills Lab können dabei helfen, dass die zu uns kommenden Fachärzte der benachbarten Fachgebiete durch die uns zur Verfügung stehenden Simulationsinstrumente und visuellen Mitteln an ihrer beruflichen Betrachtungsweise ändern. Wobei sich der Bedarf an Ärzte in den Fachgebieten der Anästhesiologie und der Intensivtherapie erhöht hat, ist es auch in den anderen Fachgebieten nicht gesunken. Wegen den vorübergehenden Mangel an Kollegen, bleiben viel mehr handwerkliche Tätigkeiten für die im ursprünglichen Arbeitsfeld gebliebenen Kollegen. Für sie organisieren wir durchgehend Kurse in Kleingruppen zum Üben und Wachrufen dieser Skills.

Durch die ausländischen Medien wissen wir schon, dass die Arbeit der medizinischen Arbeitskräfte im Moment mit besonderen Risiken verbunden ist, und dass die plötzliche Überbelastung des Systems auch in den entwickelten Ländern riesige Probleme bereitet hat. In wie fern sind diese Ausbildungen bei diesen Problemen nützlich?

Zum Glück hatten wir genügend Zeit um aus ausländischen Ereignissen zu lernen und wir erhielten schon beim Beginn der Epidemie von unseren im Ausland arbeitenden Kollegen wertvolle fachliche Erfahrungen. So haben wir uns vorbereiten können und wir haben sowohl auf Organisationsebene, als auch was die Instrumente angeht die für die Übung nötige „COVID-gefährdete” Ambiente sichern können. In mehreren Fällen musste man dazu die Anwendung neuer Schutzmittel erlernen müssen. Ein Beispiel dafür ist die „Plexibox”, mit der man die Atemwege mit der Minimalisierung der Ansteckungsgefahr befreien kann. Obwohl ich in meiner täglichen Arbeit auch oft den Atemweg befreien muss, fiel mir diese Aufgabe überhaupt nicht leicht durchzuführen. Des Weiteren muss man auch erlernen, wie man sich in der Schutzbekleidung bewegt, geschweige denn solche Details, wie wenn man die eigene Brille unter der Schutzbrille und dem Helm trägt, auch das Blickfeld anderswo hat. Im Großen und Ganzen hatten wir in den letzten Monaten viel zu tun, vielleicht auch mehr, als wie wir es vorher erwartet hätten.

Haben nur Ärzte aus Pécs an diesen Ausbildungen teilgenommen?

Persönlich waren nur Ärzte aus Pécs anwesend, aber wir haben zu mehreren Lehrkrankenhäuser sehr guten beruflichen Kontakt und sie haben auch die von uns angefertigten Materialien angewendet. Auf diesem Gebiet funktioniert das nationale Netzwerk der Simulationszentren sehr gut, es hat sich eine sehr effektive Zusammenarbeit herausgebildet. Alle haben die eigenen Materialien mit den Kollegen mit Vergnügen geteilt und bereitwillig die Materialien voneinander angewendet. Die online-Kooperation bestand diese Prüfung recht gut. Man kann schon sagen, dass alles in der richtigen Zeit an dem richtigen Ort war.

Wegen der Notlage mussten auch die älteren Kollegen an diesen Ausbildungen teilnehmen. Wie nahmen sie diese modernen Lösungen und Methoden an?

Obwohl wir bei der Simulation uns auf die neuesten Methoden und Möglichkeiten stützen, war dies immer ein organischer Teil der Ärzteausbildung (die Basis dafür ist, dass der alte Meister dem jungen Lehrling zeigt, wie man etwas macht). Um die schnell ändernde digitale Möglichkeiten auszunutzen und zu erlernen benötigen wir auch technisches Personal, das die Anlagen betreibt, damit die Ärzte, die diese Anlagen zur Übung anwenden nur auf deren Bedienung achten müssen. Dies genießen auch die älteren Kollegen, sie freuen sich zum Beispiel darüber, dass die neuesten Instrumente die Entwicklung der einzelnen Bediener verfolgen können, wodurch sie zu einem weiteren Schritt angetrieben werden.

Kurzfristig müssen wir bestimmt mit den Einschränkungen wegen COVID-19 zusammenleben. Die aktuelle Situation ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie schnell sich so eine Ausnahmesituation ausbilden kann. In wie fern sind diese Erfahrungen langfristig im Unterricht oder auf dem Gebiet der Patientenversorgung förderlich?

In einem unserer laufenden Projekte planen wir ein riesen großes, 1600 Quadratmeter großes gesundheitliches Simulationszentrum. Dies wird ermöglichen, dass man die Kenntnisse und handwerkliche Fähigkeiten, die man für alle praktizierende ärztliche Berufe erforderlich sind bei uns erlernen kann, wobei die Sicherheit der Patienten erhöht, und die graduelle Ärzteausbildung und die Ausbildung der Fachärzte fortentwickelt werden. Wir starten diese Fortentwicklung mit vielen neuen Erfahrungen bewaffnet, wir werden schon unseren eingeflogenen Pfaden und Wege haben. Pandemien hat es schon immer gegeben und werden es auch immer wieder geben, auch wenn es Coronavirus-ähnliche Pandemien schon seit längerer Zeit nicht gab. Mit den Vorbereitungen auf Pandemien sind wir auch viel weiter nach vorne, da wir die nötigen Verfahren ausgearbeitet haben, und wir haben die erforderlichen Instrumente und die Lehrmaterialien, die zum Erlernen der Anwendung dieser Instrumente unumgänglich sind. Wir haben uns viele internationalen Erfahrungen und Praktiken angeeignet und unsere eigenen Erfahrungen und Praktiken hinzugefügt. Wir haben daran noch ein wenig gearbeitet, die Instrumente und deren Anwendung hier und da noch verbessert. Jetzt kommen die Phasen der Genehmigung und die der Standardisierung, damit wir der ähnlichen Notlagen viel besser vorbereitet gegenüberstehen. Darunter verstehe ich nicht unbedingt nur Epidemien, sondern jegliche Katastrophensituationen. Wobei die Epidemie viele Schaden zugefügt hat, ist die Standardisierung und der neueste Stand der online-Lehrmaterialien eine ausgesprochen gute Folge. Ich bin zuversichtlich, dass unsere Studierende diese Änderungen auch mit Freude entgegengenommen haben. Alles in allem erwarte ich dadurch das Wachstum der Effektivität des Medizinstudiums. Keiner hat bislang diese aktuelle Situation vermisst, aber wir haben sie Dank der Arbeit der letzten Jahre gut vorbereitet entgegengetreten und davon auch viel gelernt.

 

Miklós Stemler

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