In der heutigen schnelllebigen Welt sind die Menschen vielen Reizen ausgesetzt: an der Universität, bei der Arbeit oder einfach nur in unseren alltäglichen Situationen begegnen wir vielen Stresssituationen. Die Medizinische Fakultät der Universität Pécs hat dieses Problem erkannt und organisierte im Rahmen des Well-Being-Konzepts von 9-10. Oktober die Tage der mentalen Gesundheit. Wir unterhielten uns mit Dr. Boróka Gács, wissenschaftliche Assistentin des Instituts für Verhaltenswissenschaften, Leiterin der Psychologischen Konsultation (Pszikon) über das mentale Wohlbefinden und über die Programme vom Tage der mentalen Gesundheit.
Wie kann man den Unterschied zwischen einen vorübergehenden Stress- und Angstzustand und einer wahren psychischen Erkrankung erkennen?
Ich glaube nicht, dass wir unbedingt eine scharfe Grenze zwischen den beiden ziehen sollten. Schon allein deswegen nicht, weil es für viele Fachleute, die sich mit der mentalen Gesundheit befassen, eine Berufung ist, dass es kein Stigma werden sollte, wofür man sich schämen muss oder was man verbergen muss, und dass es nicht unbedingt mit psychopathologischen Symptomen verbunden ist. Je mehr Bewältigungsmethoden und -strategien wir uns aneignen, desto besser können wir uns davor schützen, dass wir eine psychische Krankheit entwickeln, die viel schwieriger rückgängig gemacht werden kann.
"Stress ist die Würze des Lebens" – formulierte der weltberühmte Stressforscher János Selye treffend. Wir brauchen also eine bestimmte Menge an Stress, um zu überleben, um voranzukommen und um motiviert zu sein. Es ist also nicht grundsätzlich schlimm, es ist nur die Frage, wie wir damit umgehen.
Welche sind die häufigsten Stressquellen der Studierenden und wie können diese ihre mentale Gesundheit beeinträchtigen?
Sie konfrontieren zumeist die Probleme nicht beim Lernen, sondern bei den Beziehungen. Der andere große Problemkreis ist die allgemeine Stressbewältigung und die Anhäufung negativer Lebensereignisse. Dazu gehören alle Art der Krisen von persönlichen Verlusten bis zu den Verlusten der nicht bestandenen Prüfungen.
Der Grund dafür ist prosaisch: Mit dem jungen Erwachsenenalter gehen auch seine normativen, also natürlichen Krisen einher. Die Lern- und Kompetenzdefizite treten gleich häufig auf, aber meistens wird es bald klar, dass etwas anderes dahintersteckt. Die Leistungen, die sie an der Universität erbringen, sind nur die Oberfläche, worunter die Schwierigkeiten stecken. Diese sind nicht unbedingt mit dem Studium verbunden, aber das Studium selbst ist auch gewichtig, da die Studierende der medizinischen Fakultät einer enormen Belastung ausgesetzt sind.
Wie kann man die Balance zwischen Studium und mentaler Gesundheit finden? Kann man konkrete Beispiele bringen oder der Studierenden Ratschläge geben?
Bei solchen Fragen bezüglich einer konkreten Beratung antworte ich immer, dass ich gerne ein Rezept für die mentale Gesundheit hätte, das für alle passt und für alle gleich gut ist. In der Psychologie ist es sehr spezifisch, bei wem was funktioniert. Das spiegelt sich auch daran wider, dass wir an unserer Beratungsstelle eine sehr breite Palette von Methoden benutzen und sie für jedes Problem bei jeder einzelnen Person kundenspezifisch anwenden.
Im Grunde genommen gibt es keine goldene Regel, wie man sich immer wohlfühlen kann. Was aber grundsätzlich wichtig ist, dass wir um uns kümmern sollen und dass wir dies nicht als Tabu oder Stigma behandeln sollen. Allein wenn wir den Schritt wagen, dass wir das Kümmern um die mentale Gesundheit nicht als Luxus sehen, sondern als etwas grundsätzlich Notwendiges betrachten, dann haben wir schon viel für unser eigenes Wohlbefinden getan. Schließlich ist es unentbehrlich dafür, dass wir unsere Arbeit effektiv und gut machen bzw. dass es uns in jedem Bereich unseres Lebens gut geht.
Können Sie irgendein Trend bei den psychischen Erkrankungen in den letzten 5-10-15 Jahren auf globaler Ebene, in Ungarn im Allgemeinen und unter Jugendlichen, unter Studierenden erkennen?
Mit der Entwicklung des Wissens und der Wissenschaft wissen wir immer mehr über den menschlichen Körper, wir diagnostizieren immer mehr Krankheiten. Die Wissenschaft der Psychologie entwickelt sich auch, es werden immer mehr Dinge entdeckt und bei Diskursen darüber werden es immer weniger Stigma und Tabus geben. Es kommen viele Dinge ans Licht, die vorher nicht zu erkennen waren.
Laut der Fachliteratur hat die Gesellschaft in dem letzten halben Jahrzehnt so große Veränderungen und Trauma erlebt, dass das psychische Wohlbefinden allgemein abgenommen hat. Dies wurde insbesondere unter Studierenden, unter Medizinstudierenden untersucht. Die Pandemie und der Krieg – die eine zusätzliche Belastung für die Gesellschaft sind – waren ebenfalls Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Unter den Medizinstudierenden und dem medizinischen Personal hat die Prävalenz von Burn-out, Depression und posttraumatischem Stresssyndrom in den letzten Jahren besonders zugenommen.
Was war das Hauptziel und die Botschaft der Tage der mentalen Gesundheit?
Das Well-Being-Konzept der medizinischen Fakultät in Pécs fokussiert auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter und der Studierenden der Fakultät. Das mentale Wohlbefinden ist ein wichtiges Segment des Konzepts und wir, d. h. die psychologische Konsultation sind damit ebenfalls verbunden. An der medizinischen Fakultät in Pécs befassen wir uns in erster Linie mit der Entwicklung des mentalen Wohlbefindens und betonen auch dessen Bedeutung. Die Tage der mentalen Gesundheit war eine Kampagne, die sich eng in die Reihe der gesellschaftlichen Programme einfügte, die für das Jahr angekündigt wurden. Wir wollten diesem Thema eine eigene Zeitspanne widmen, in der wir uns speziell darauf fokussieren und die Rolle und die Bedeutung der mentalen Gesundheit hervorheben.
Die Veranstaltung haben wir deswegen für Anfang Oktober geplant, da der 10. Oktober der internationale Welttag der mentalen Gesundheit ist. Das Hauptziel der Tage der mentalen Gesundheit war, über unsere mentale Gesundheit ohne Tabus und Stigma sprechen zu können. Das ist einer der wichtigsten Schlüssel zu unserem Wohlbefinden und zur Fähigkeit, uns Hilfe zu holen, wenn wir sie brauchen.
Können wir 1-2 Programmelemente hervorheben, die besonders erfolgreich waren?
Es ist schwierig, bestimmte Programme hervorzuheben. Wir haben sie bewusst bunt zusammengestellt, damit jeder das auswählen kann, was er gerade braucht. Der Hundetherapie-Workshop war ein großer Erfolg, sowohl die studentischen als auch die Mitarbeitergruppen waren voll belegt.
Dabei organisierte die Stiftung SuperPfoten (Szupemancs) eine kleine mentale Rekreation im Konferenzraum des Dekanats, was für mich auch eine lehrreiche Erfahrung war. Die Weisheit, die diese Hunde haben, könnte auf unser eigenes Leben übertragen werden. Die Hunde sind dann kooperativ und motiviert, wenn sie sich in einer sicheren, für sie idealen Umgebung befinden bzw. wenn sie sicher sind, dass sie ihre gut verdiente Belohnung bekommen. Wenn sie gerade nicht arbeiten, ziehen sie sich zurück, um sich auszuruhen. Ich denke, wenn wir dies von ihnen erlernen könnten und wir uns in unserem eigenen Leben motivieren könnten, wenn wir leisten müssen und uns dann belohnen könnten, dann ginge es uns viel besser.
Welche Programme gibt es an der medizinischen Fakultät in Pécs, die sich auf die mentale Gesundheit fokussieren? Welche Hilfe können die Studierende und die Mitarbeiter bei Bedarf in Anspruch nehmen?
Die psychologische Beratungsstelle wurde speziell zu diesem Zweck ins Leben gerufen. Mittlerweile besteht sie seit 15 Jahren. Wir organisieren nicht nur individuelle, sondern auch Gruppensitzungen. Es läuft gerade ein Mindfullness-Programm mit 5 Sitzungen, das voraussichtlich auch im Frühjahr fortgesetzt wird. Darüber hinaus werden regelmäßig verschiedene Gruppen zur Selbsterfahrung und Selbstentwicklung bzw. Gruppen für autogenes Training gestartet. Über unsere aktuellen Programme können Sie sich auf unseren Social-Media-Plattformen informieren.